Wenn Kunden nicht jene Dinge konsumieren, die ihnen die Industrie anbietet, ist es hierzulande gute Sitte, dass die Wirtschaft nach staatlicher Hilfe ruft. In deren Genuss kamen so z.B. die Solar- und Autoindustrie („Abwrackprämie“). Fette Subventionen für die Verbraucher ließen die Nachfrage explodieren und die Konzernkassen ohrenbetäubend klingeln. Am Ende waren alle zufrieden.
Warum sollte dieses erprobte Modell nicht auch den Journalismus über Wasser halten?
Die kürzlich annoncierten 150 Kündigungen beim SPIEGEL sind ein neues Menetekel: Der Markt für unabhängigen, anspruchsvollen und kritischen Journalismus funktioniert nicht mehr. Zwar gibt es noch ein Qualitätsangebot in den sogenannten Leitmedien. Aber dieses trifft auf eine stetig sinkende Zahlungsbereitschaft beim Publikum und in der Werbewirtschaft. Ein sattsam bekannter Befund, der auf Print wie Online gleichermaßen zutrifft.
Der Abwärtstrend scheint unumkehrbar. Staatsknete könnte die Not lindern.
Nun höre ich schon die reflexhaften Aufschreie: Staatlich subventionierter Journalismus geht gar nicht! Das wäre ja das Ende der unabhängigen Berichterstattung! Der Politik würde Tür und Tor geöffnet für inhaltliche Einflussnahme!
Diese Kritik ist bekannt. Man hört sie schon seit 60 Jahren. So lange nämlich gibt es den nur mit Staatsmitteln am Leben erhaltenen Qualitätsjournalismus bereits: in den öffentlich-rechtlichen Medien, also Rundfunk, Fernsehen und den stramm expandierenden öffentlich-rechtlichen Online-Angeboten.
Gewiss, dieses System wird viel gescholten: wegen seiner finanziellen Gefräßigkeit, seiner nicht einzudämmenden Bürokratisierung, seines ungezügelten Personalausbaues und seiner Verschleuderung von Etatmitteln. All das mag zutreffen, hat der Unverwüstlichkeit des Apparats aber nicht geschadet. Die Subventionen fließen munter weiter. Marktgesetze sind in diesem Biotop außer Kraft gesetzt. Da es keinen Wettbewerb gibt, erfindet das leitende Personal sich Benchmarks, um nach außen unternehmerisch motiviertes Handeln vorzutäuschen.
Wenn man weiß, dass die eigene Finanzierung auf Unendlichkeit hin gesichert ist, erleichtert das die Programplanung natürlich sehr. So kann in den öffentlich-rechtlichen Anstalten kritischer Journalismus ausgeübt werden, ohne auf dessen Refinanzierung zu schielen. Theoretisch zumindest. Bei den privaten TV- und Radiosendern ist das anders. Dort hatten nachfrageschwache Programme – zu denen z.B. investigative und komplexe Recherchen zählen – niemals eine Chance, weil sie weder Werbeeinnahmen noch Quote versprechen. Dass die Öffentlich-Rechtlichen diese Parameter inzwischen ebenfalls heranziehen, um ihr Programm zu evaluieren, gehört zu den vielen Irrwegen, die sich die Programmverantwortlichen von den privaten Sendern sinnloserweise abgeguckt haben.
Fassen wir zusammen: Staatliche Subventionierung befähigt das öffentlich-rechtliche System zur Erbringung einer Leistung, die sich privatwirtschaftliche Verlage und Startups auf Dauer nicht mehr leisten können: kritischen, unabhängigen Journalismus, aufwändige Recherchen, zeitintensives Arbeiten.
Warum sollte dieses Prinzip nicht auch für die Hege und Pflege des Journalismus im besonders schwer gebeutelten Print-Sektor funktionieren?
Dieser Markt liegt komplett in privater Hand. Die Eigentümer wehren sich gegen staatliche Einmischung. Sie geben zwar vor, den Qualitätsjournalismus bis zum letzten Atemzug zu verteidigen – und investieren derweil vor allem in branchenfremde Geschäfte, vom Tierfutterversand bis zur Immobilienmaklerei. So groß scheint die Zuversicht in die Zukunft des (Print-)Journalismus also nicht zu sein. Bei Investoren ist es genauso. Oder hat man in den letzten Jahren gehört, dass sich ein Investor ins deutsche Printmedien-Geschäft eingekauft hat?
So kehren wir zur Einsicht zurück: Nur Staatsknete kann den Qualitätsjournalismus retten. Also: Verstaatlicht die Verlage! Sofort!
Wenn die Bevölkerung die Wertschätzung für aufwändig recherchierten Journalismus verloren hat und nicht mehr bereit ist, dafür zu zahlen – muss das Angebot eben anders finanziert werden. Nennt es Zwangsabgabe, Mediensoli oder Kulturflatrate. Die Grundversorgung der Bürger mit anspruchsvollem, hintergründigem Journalismus muss sichergestellt werden. Warum sollte diese Sicherung keine Aufgabe der Politik werden?
Geht der Journalismus flöten, ist die Demokratie in Gefahr.
Wenn sie keine Nachfrage nach Printmedien haben, was soll dann eine von Staats wegen Subventionierung? Sie werden dann keine einzige Zeitung mehr verkaufen.
Ich selbst habe noch ein Zeitungsabo, FAS, leider muss ich aus Zeitgründen meisten, ³/4 der Zeitung am nachfolgenden Sonntag entsorgen. Online habe ich mich aber die Woche immer informiert gefühlt, auch mit einem breiten Meinungsspektrum, z.B. https://jungefreiheit.de/ – also es ist alles im Lot, Print wird untergehen, weil das Medium abgelöst wurde.
Was nützt das, wenn es keiner liest? Und für welche Medien soll es gelten? Tageszeitungen: FAZ, SZ, Bild, Mittelbayerische? Politiktitel: Zeit, Spiegel, Freitag, Stern, Cicero? Special Interest: Brandeins, Geo, Mare? Was ist mit Landplage, Frau im Rückspiegel und AutoBlöd?
>> Der Markt für unabhängigen, anspruchsvollen und kritischen Journalismus funktioniert nicht mehr. Zwar gibt es noch ein Qualitätsangebot in den sogenannten Leitmedien. Aber dieses trifft auf eine stetig sinkende Zahlungsbereitschaft beim Publikum und in der Werbewirtschaft. Ein sattsam bekannter Befund, der auf Print wie Online gleichermaßen zutrifft. <> So kann in den öffentlich-rechtlichen Anstalten kritischer Journalismus ausgeübt werden, ohne auf dessen Refinanzierung zu schielen. <<
Ich weiss nicht, welchen ÖR Sie konsumieren, aber Archive und Gegenwart beweisen das Gegenteil: Vetternwirtschaft, bloss keine Kritik an der Politik und vor allem immer mehr Blick auf die Quote.
Und wissen Sie auch warum?
Weil sich kein Verlag, keine Stelle, niemand mal die Mühe gemacht hat, zu definieren, was kritischer, anspruchsvoller Journalismus sein soll und was er sein darf. Und wie unabhängig staatlich oder privat finanzierter Journalismus sein kann.
Also bitte, Sie brauchen nicht mal das BildBlog zu lesen, sondern müssen einfach mal die Augen aufmachen. Ein Anruf eines Politikers reicht um Interviews zu verhindern, aus vorauseilendem Gehorsam werden ganze Artikel gelöscht und das Eingeständnis von Fehlern liegt auf dem "Wir müssen noch genauer arbeiten."
Verstaatlichung ja, aber nicht weil dass einen nicht näher benannten Jpournalismus retten würde, sondern damit die privaten Verlage nicht noch den Rest der Meinungsfreiheit vernichten (wie mit dem LSR und vielen anderen Aktionen bereits begonnen)
Trotz der unleugbaren Defizite: Im öffentlich-rechtlichen Rundfunk gibt es a u c h anspruchsvollen Journalismus; in den gedruckten Leitmedien erst recht. Die Frage ist nur: Wie lange noch? .Nächste Frage: Wird das Publikum den investigativen Journalismus vermissen? Ich persönlich glaube, niemand wird für dessen Erhalt auf die Barrikaden gehen. Aber das ist aus meiner Sicht egal: In unserer demokratisch verfassten Gesellschaft m u s s eine unabhängige Berichterstattung dauerhaft gesichert werden. Oder?
Eigentlich wollte ich nur mal kurz lesen, sehe mich jetzt aber doch mal genötigt einen Einwurf zu gestalten.
Allem voran soll und muss die Unabhängigkeit der „vierten Macht“ im Staat gewährleiste bleiben !
Das ist unwidersprochen richtig. Jedoch zeigen die Entwicklungen der letzten zwanzig Jahre etwas anderes.
Presse, jeglicher Couleur, entwickelt sich in Deutschland mit rasender Geschwindigkeit vom echten Journalismus zur reinen Hofberichterstattung. (Und nein. Ich gehöre definitiv und sicher nicht zur „Lügenpresse-Gilde“ 😉
Den Verlust an genereller und substanzieller Glaubwürdigkeit, haben die Medien in Deutschland selbst verursacht. Dieses Verhalten nun mit leistungslosen Mitteln zu unterstützen, kann und darf nicht sein. Ein „weiter so“ mit Geld vom „Vater Staat“, ohne drastische und zwingende innere Reformen der Branche, wäre nur eine weiterer und noch schlimmerer Fehler, als alles bisherige.
Journalismus muss wieder zu dem werden, was er eigentlich sein sollte.
Einflussnahmen von Politik, Lobbyisten und Konzernen, muss unter allen Umständen unterbunden werden. Dann, und nur DANN, wären Steuermittel richtig.
a) mit genau diesen argumenten wurde seinerzeit die GEZ auf internetfähige geräte ausgeweitet und in der konsequenz die haushaltsbasierte belastung erfunden
b) die gebührenfinanzierten Ö/R sollen genau das leisten, wofür sie jetzt staatsfinanzierung der medien fordern (die ja faktisch wieder mit einer GEZ-artigen konstruktion realisiert werden müsste, bzw direkt mit GEZ-anschluss). da die Ö/R ebendies liefern sollen, warum dann noch weitere Ö/R auf papier/im internet aufbauen? wenn aber die Ö/R das schon nicht leisten, woher die überzeugung, neue Ö/R-zeitungen würden daran etwas ändern?
c) inwiefern sollen Ö/R-zeitungen zur besseren abbildung der meinungsvielfalt beitragen, besser als es jetzt ein sack voll ard-anstalten und zdf und gemeinsame sender leisten? tatsächlich aus dem mainstream ausscherenden medien wie junge freiheit oder jungle world werden kaum in den genuss einer solchen staatsfinanzierung kommen, und die vielfalt der ggf unstreitigen printprodukte ist zumindest fragwürdig
d) in schweden zb gibt es eine art staatsfonds zur unterstützung der presse — helfen tut es auch nicht wirklich
nach meinem dafürhalten ist das problem des journalismus nicht zuerst ein finanzielles, sondern das folgt nur aus der selbstabschaffung des journalismus. aktuelles beispiel die einhellige hatz auf facebook wg der „hasskommentare“. eine derart einhellige reakktion hätte man sich zb seit jahrzehnten gegen die bild-zeitung gewünscht, die in summe und wirkung definitiv widerwärtiger ist.
im übrigen ist a priori auch eine facebook-äusserung vom grundrecht auf freie meinungsäusserung geschützt — dass sie dumm, ungehörig oder widerwärtig ist, nimmt dem nichts.
wenn es aber gesetzeswidrig wird, ist es aufgabe der strafverfolgungsbehörden, nicht eines „journalismusses“, der unreflektiert maulkörbe fordert — letzlich nämlich nur, weil es auf _facebook_ steht und nicht in den herkömmlichen presseerzeugnissen.
würde solche ergüsse als leserbriefe unter „journalistsischer“ aufsicht veröffentlicht, wäre die gesammelte hasskampagne der journaille nämlich gegen den staat gerichtet, der gegen die bürgerrechte vorginge …
(wobei sich die gesammelte journalistenzunft eh wenig mit ruhm bekleckert hat in der begleitung den illiberalen entwicklungen seit spätestens 2001 — ein weiteres beispiel, wie sich „journalismus“ überflüssig macht)
Übersehen? = Das Fernsehen ist doch bereits verstaatlicht. DAS ist das Medium, nach dem sich die Mehrheit (leider) richtet. Und die bezahlen wir mit über 7.000.000.000 Euros in jedem Jahr.
.
Die Printmedien spielen dagegen doch eine marginale Rolle, zumal sie ja in der Regel die gleiche Propaganda verkünden wie ARD und ZDF mit ihren zig Programmen & Wiederholungen, sei’s in Kultur, Wirtschaft oder Politik.
.
Ja, wenn sie, die Printpresse, die oft und gerne postulierte Rolle der 4. Gewalt, der Kontrolle der Macht etc. wirklich wahrnehmen würden, ja dann… Aber das müssen heutzutage – wie schon immer in der Geschichte – ein paar kleine, verlachte, nicht beachtete machen. Ja, DIE könnte man finanziell unterstützen. Aber doch nicht Springer, Burda, Holzbrink, Bertelsmann…
.
Verstaatlicht den Jurnalismus? Auf dass dann sowas rauskommt wie bei der Musik: inzwischen kann man Jazz, Blues & Rock auf Hochschulen lernen. Und so klingt’s dann auch. Langweilig. Oder zumindest völlig daneben, also lachhaft.
Der Staat, der Staat!!!!
Der Staat kann ja nicht einmal Flughäfen bauen. Und auch sonst: wenn immer der Staat irgendwo eingreift werden die Dinge eher schlechter, nicht besser.
Bedenken Sie: der Staat sind Leute wie Küstenbarbie Schwesig, Nahles, Merkel, Fahimi. Meine Güte!
DER STAAT!!1!! HALP!!!!1!!!
Schlimmer: Der Staat sind Leute wie Seehofer, Dobrindt, Schäuble, Ott etc.
Noch schlimmer: Der Staat sind wir! Wir haben gewählt!
Wenn der „Qualitätsjournalismus“ keine Leser mehr hat, dann wird er verschwinden. Vor seinem Verschwinden hätte ich gerne einige Dinge geklärt:
a) gibt es eine saubere Definition für den hier verwendeten Qualitätsbegriff?
b) ein „Staaatsjournalismus“ mit Beinfreiheit ist augenscheinlich besser als der der Medienkonzerne. Das gilt für den angelsächsischen Bereich (BBC vs. Murdoch) und auch für Deutschland. Will jemand ernsthaft den Springer-Zeitungsverlag und Bertelsmann unterstützen?