Wie Krautreporter dem „Correspondent“ nacheifern

Eine SPIEGEL-Nachricht elektrisiert die Netzgemeinde: Die #Crowdfunding Plattform #Krautreporter will sich zu einem „Portal für #Qualitätsjournalismus“ weiterentwickeln. Dafür haben die Gründer Sebastian Esser und Philipp Schwörbel prominente Mitstreiter gewonnen. Chefredakteur soll Alexander von Streit werden (zuvor u.a. bei „Wired“). Als Autoren seien die Blogger Stefan Niggemeier, Richard Gutjahr, Jens Weinreich und Thomas Wiegold verpflichtet worden.

 

Die Crew steht also bereit. Nur die Finanzierung muss rasch noch zusammengebracht werden: 900 000 Euro erbitten die Gründer von ihren Anhängern. Stilecht per Crowdfunding. Binnen vier Wochen. Dann, so heißt es in der SPIEGEL-Meldung, könne das Portal im September 2014 starten.

 

Als Inspiration für das kühne Unterfangen diente unübersehbar das niederländische Online-Magazin „de Correspondent“, dessen raketenmäßiger Erfolg die krisengeschüttelte Branche international elektrisiert hat. Mit fast 30 000 Abonnenten, die jährlich 60 Euro zahlen, schafft es die Redaktion täglich vier, fünf hochwertige Artikel zu produzieren. Initiator ist der charismatische Jungjournalist und begnadete Vermarkter Rob Wijnberg, 31.

 

Mit dem Vorbild „de Correspondent“ haben die Krautreporter die Latte ziemlich hoch gehängt. Während in Holland mit den Abonnentengebühren eine Vollredaktion engagiert werden konnte, besteht die Gründerschar des deutschen Pendants offenbar bislang nur aus einer Handvoll Online-Journalisten, die ein einziges Thema eint: Medienkritik.

 

Nun wird man den Initiatoren zweifellos soviel Realitätssinn zubilligen können, dass diese nicht ernsthaft glauben, mit Medienkritik allein ein journalistisches Angebot ins Leben rufen und langfristig am selben erhalten zu können. Im Raum steht der deklarierte Anspruch, „Qualitätsjournalismus“ zu liefern. Der aber benötigt Aktualität, Relevanz, inhaltliche Tiefe und vor allem eine teure und langwierige Vor-Ort-Recherche. Bissige Medienschelte, ein paar Technik-News und Tagungstweets mögen Blog-Autoren treue Fans bescheren. Aber auch dies in der Regel nur solange, wie Unterhaltung und Belehrung kostenlos sind.

 

Auch im neuen Portal sollen alle alles kostenlos und werbefrei sehen dürfen. Für die Refinanzierung wünscht man sich Mitglieder, die 60 Euro pro Jahr bezahlen. Nur diese dürfen dann das Privileg genießen, Inhalte zu kommentieren. Außerdem soll es „Begegnungen mit den Autoren und Stadtrundgänge“ (SPIEGEL) geben.  Ob diese Incentives verlockend genug sind, jene 15 000 Spender zu akquirieren, die man braucht, um 900 000 Euro zusammenzukriegen?

 

Mutig und edel sind die Honorarsätze, die die Gründer trotz Gratisangebots versprechen. Die Pauschalisten sollen zwischen 2000 und 2500 Euro bekommen und dafür jede Woche einen Artikel liefern. Davon können freie Zeitungsjournalisten nur träumen. Ein Drittel von ihnen, so sagt eine aktuelle Studie, verdienen weniger als 1000 Euro, ein weiteres Drittel zwischen 1000 und 2000 Euro.

 

Allein um dieser Großzügigkeit willen kann man dem Krautreporter-Projekt nur den besten Erfolg wünschen. Und sollte nichts draus werden, haben die Initiatoren sich mindestens vier Wochen lang in der geballten Aufmerksamkeit der Netzgemeinde sonnen dürfen. Das wäre dann auch in gewisser Weise ein Erfolg.

 

Am 13. Mai 2014, so heißt es auf der Homepage, werden wir alle mehr erfahren. Kostenlos, natürlich.

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